Duft

NASOMATTO – ein Näschen Sex

Abenteuer entstehen nicht, weil man sie bis ins letzte Detail geplant hat. Außerhalb der Komfortzone lernen wir uns wirklich kennen und wachsen über uns hinaus. Das aus unserem Verstand hinaus „Verrückte“ kitzelt das Beste aus uns heraus. Diese Komfortzone ist für uns Menschen aber auch essentiell, um uns zurückzuziehen. Um uns zu regenerieren, nach Verletzungen unsere Wunden zu lecken. Unsere heutige westliche Gesellschaft l(i)ebt diese Sicherheit so sehr, dass ihre Individuen sich immer mehr distanzieren, ihre Grenzen weiter um sich ziehen. Alles wird immer cleaner, strikter getrennt. Man macht sein eigenes Ding. Keine Risiken. Kontrolle!

Alessandro Gualtieri schreit mit seinen Düften, darunter die Kollektion Nasomatto, einen leisen und friedlichen Weckruf mit einer altbewährten Alternative zu diesen sterilen Lebensformen heraus.

LEBEN. Es entsteht nicht im Sterilen. Sondern im Austausch von organischen Materialien, Körperflüssigkeiten, Keimen, Bakterien. Durch Kontrollverlust. Intimität. Extase!

Gualtieri zelebriert diese chaotische Intimität mit so viel Hingabe, dass sie paradoxerweise schon fast wieder perfektionistisch wirkt. Für die Zutaten seiner Parfums reist er um die ganze Welt und nur die umwerfendsten, extremsten und intensivsten Stoffe von Mutter Natur werden Teil seiner Duftwerke. Durch diese minutiöse Auswahl entwickeln seine Parfums, so Gualtieri, eine Eigendynamik, die selbst er nicht planen kann. Diesen Kontrollverlust liebt er! Und mit genau diesem Quäntchen Loslassen befreit er perfektionistische Statik und entfesselt die Eigenmächtigkeit des Lebens.

In Kombination mit seinen dominanten Fixateuren saugen uns seine Werke wie ein schwarzes Loch in ein erdiges, holziges Zentrum ein, das so gut versaut und dreckig riecht, wie es das nur um unser eigenes Lebenszentrum tut: Sex. Da kommen wir her und das ist eine Hauptaufgabe unseres Lebens.

Die Prognose von Zukunftsforschern, dass selbst der Sex eines Tages übergangen wird, damit der Mensch sich nicht zu weit aus dem Fenster seiner sterilen Komfortzone lehnen muss, und nach dem Wunschzettel designte Babys aus dem Reagenzglas züchten zu können, stellt das krasseste Gegenteil zu den Statements seiner Düfte dar, das ich mir vorstellen kann. Distanz vs. Intimität pur.

Für ihn gibt es diesen Kompromiss zwischen Distanz und Intimität nicht. Er nimmt jeden Duft ohne Urteil so wahr, wie er von Natur aus erscheint und komponiert mit ihm von Trieben und unsauberer Natürlichkeit durchzogene Duftsymphonien. Bindungen aus Aoud, Weihrauch, verbranntem Holz und, wie in seinem neusten Duft Nudiflorum, wildem Jasmin (dessen Duft mit der Intimzone der Frau assoziert wird) reißen ins Unkontrollierbare mit – ins verschlungene, ungesäuberte Reich der Liebe. Freifahrtscheine zum Tauchgang in unsere Ursprünge, der reinen Verschränkung der Gegensätze. Mann und Frau, Feuer und Wasser, Erde und Luft, Schmutz und Reinheit. Gestank gibt es für Gualtieri weder dazwischen, noch an den abgefucktesten Rändern dieser Spannungsfelder. Nur die Wahrheit der Natur, die sich uns offenbart.

Als Special möchte ich noch seinen Black Afgano vorstellen, der mit seinem verbrannten, warmen, holzigen Herz das feinste Haschisch nachempfindet und Gefühle von purem Glück hervorrufen will. Versucht’s mal!

Lasst euch von jedem Näschen Nasomatto an das ursprüngliche Chaos erinnern. Chaos ist eine Leiter. Wagt ein wenig Kontrollverlust. Erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Man muss die Tür ein Stück weit offen halten, damit das Glück eintreten kann.

Schmeißt verfahrene Muster über Bord. Wagt einen Tanz außerhalb Eurer Komfortzone. Ein Näschen Sex. Ein Näschen Freiheit.

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